CDU-Gemeindeverband Iffezheim

Verabschiedung des Haushaltsplans 2024 und der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung der Gemeinde Iffezheim

TOP 1.9 der Gemeinderatssitzung vom 15.04.2024 Stellungnahme der CDU-Fraktion (Bertold Leuchtner, Fraktionsvorsitzender, haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion)

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

verehrte Kolleginnen und Kollegen im Ratsgremium,

Sehr geehrte Damen und Herren der anwesenden Bürgerschaft und der Öffentlichkeit.

 

Wir sind in der heutigen Gemeinderatssitzung aufgerufen den Haushaltsplan 2024 unserer Gemeinde mit einem ordentlichen Ergebnis von minus EUR 2.090.147 zu beschließen.

Dazu kommen noch die Wirtschaftspläne 2024 für die Eigenbetriebe Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung mit einem jeweils geplanten ausgeglichenen Betriebsergebnis von Null.

 

Bei der Einbringung des Haushaltsplans in der Sitzung des Gemeinderats am 22.01.2024 hatte das geplante ordentliche Ergebnis sogar noch ein Defizit von ca. TEUR 2.420 ausgewiesen. Das sind Verluste im Ergebnishaushalt der Gemeinde in einer Größenordnung, die wir bisher nicht annähernd kennen. Ich würde sogar sagen, dass deren Höhe vor noch nicht allzu langer Zeit außerhalb unseres Vorstellungsvermögens gelegen hätte. Deshalb zwingt uns diese Situation in besonderem Maße zum Innehalten, tief Durchatmen und zu einem verantwortungsvollen Überlegen, wie diese Zahlen zu würdigen und welche möglichen Konsequenzen dann daraus zu ziehen sind. Markiert unser Haushaltsplan 2024 tatsächlich und unausweichlich die Verfestigung einer finanzwirtschaftlichen Zeitenwende für unsere Heimatgemeinde? Falls das so sein sollte, was können und müssen wir dann an Maßnahmen einleiten, um der Gemeinde die unverzichtbaren finanzielle Spielräume zu erhalten, welche erforderlich sind, wenn wir uns künftig nicht nur und ausschließlich mit der Erfüllung von Pflichtaufgaben befassen möchten, sondern daneben unserer Gemeinde auch mit Gestaltungsideen Impulse für die Zukunft geben möchten?

 

Die aufgeworfenen Fragen haben die CDU-Fraktion veranlasst, verstärkt in die grundsätzliche Analyse der Daten des Haushaltsplans 2024 und der aktuell verfügbaren Daten zu den Vorjahresergebnissen einzusteigen.

Dabei zeigt sich, dass wir in den Haushaltsplänen für die Jahre 2019 bis 2023 in Summe Verluste in Höhe von TEUR – 3.682 geplant hatten. Die verfügbaren vorläufigen Ergebnisse für diese Jahre zeigen demgegenüber in Summe einen Überschuss von TEUR 3.158 und damit eine Ergebnisverbesserung gegenüber den Planzahlen von ca. TEUR +6.840. Die höchsten Soll-Ist-Abweichungen zeigen dabei die Jahre 2022 mit + TEUR 2.822 bzw. 2021 mit + TEUR 2.222. Das entspricht durchaus unserem gemeinsamen Verständnis, dass wir möglichst mit gesicherten Ansätzen unsere Haushalte planen möchten und zeigt gleichzeitig, dass die Anträge der CDU-Faktion in den zurückliegenden Jahren, wegen einer sachgerechten Erhöhung der Planwerte für die Gewerbesteuereinnahmen, gerechtfertigt waren.

Bei der Analyse der Planzahlen für das Jahr 2024 ergeben sich für uns folgende Hinweise:

- In einer Zeit, die von vielfachen Krisen geprägt ist, ergeben sich daraus naturgemäß auch negative Auswirkungen auf die gesamte Einnahmensituation der Gemeinde. Das sollte nicht dauerhaft so bleiben.

- Die Ausführungen im Vorbericht zum Haushaltsplanentwurf zeigen, dass wir für das Jahr 2024 auffallend viele Aufwandspositionen und teilweise mit außerordentlichen Einzelwerten planen, die in dieser Form und Intensität nicht nachhaltig erwartet werden, auch wenn klar ist, dass es in jedem Jahr Sonderaufwendungen geben wird. Exemplarisch sehen wir in diesem Bereich die Aufwendungen für die Interimslösung im Zusammenhang mit der Sanierung des Kindergartens St. Martin (TEUR 350), die Digitalisierung der Grundschule (TEUR 300), die energetische Sanierung der Straßenbeleuchtung (TEUR 300) und der saldierte Aufwand im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen auf der Rennbahn (TEUR 105). Nach einer Bereinigung des ordentlichen Ergebnisses um diese Positionen, würde sich rechnerisch noch ein Verlust von ca. TEUR – 1.055 ergeben.

- Unabhängig von diesen optischen Korrekturen bleibt es unbestritten, dass unser kommunaler Haushalt weiterhin durch strukturelle Defizite belastet bleibt, für deren Behebung uns keine adäquaten Handlungsspielräume zur Verfügung stehen. Die CDU-Fraktion hatte bereits in den vergangenen Jahren von der Verwaltung Strukturdaten zu ausgewählten Schlüsselpositionen des Haushalts für die Zeit ab Einführung des neuen kommunalen Haushaltsrechts seit 2010 angefordert, welche die Verwaltung dankenswerterweise jährlich fortschreibt. Diese Daten zeigen, dass wir strukturelle Kostensteigerungen haben, die auf Dauer kein kommunaler Haushalt ausgleichen kann. So ist seit dem Jahr 2010 beispielsweise allein die Unterdeckung im Bereich der Kinderbetreuung von ca. TEUR 493 um ca. TEUR 1.915 auf nun TEUR 2.408 angestiegen.

 

- Auch damit wenigstens die „Optik“ unseres Haushalts 2024 zurechtgerückt wird, haben wir im Rahmen der Vorberatungen beantragt, die zeitlichen Verwerfungen bei den FAG-Umlagen in der haushaltsrechtlich sachlich gebotenen Form zu bereinigen. Ohne diese Maßnahme hätte sich das Ergebnis nochmal um TEUR 454 schlechter dargestellt. Um es klarzustellen: das ist keine Haushaltskosmetik, sondern so zulässig und vorgesehen, um nichtperiodengerechte Effekte im Finanzausgleichs-Umlagensystem zu bereinigen.

- Ein Blick in den Vorbericht zeigt außerdem, dass die Gemeinde seit 2010 bis 2023, nach den aktuellen Zahlen ein kumuliertes Gesamtergebnis von + TEUR 16.225 erzielt hat (davon ordentliches Ergebnis + TEUR 9.266). Diese Ergebnisrücklagen werden in der Systematik des neuen kommunalen Haushaltsrechts gerade auch mit dem Zweck angesammelt, um in schwierigen Zeiten einen Haushaltsausgleich zu ermöglichen, weil Konjunktur und Wirtschaft eben nicht nur lineare Verläufe zeigen.

Unser Fazit lautet deshalb:

Die erkennbare Ergebnisentwicklung im Haushalt 2024 ist grundsätzlich besorgniserregend, insbesondere im Hinblick auf die erkannten strukturellen Defizite. Sie macht es aber, unter Würdigung und Gesamtabwägung aller Aspekte, erforderlich, zuerst einmal nicht mit einer möglichen Überreaktion zu antworten. Vor dem Hintergrund der bereits in den vergangenen Jahren erfolgten Maßnahmen zur Verbesserung der Einnahmenseite ist es nachvollziehbar und richtig, dass die Verwaltung im Rahmen der aktuellen Haushaltsberatung keine weiteren Erhöhungen bei den Hebesätzen eingebracht hat.

Es ist weiterhin mit Nachdruck auf eine sparsame Ausgabenbewirtschaftung zu achten. Das hört sich zwar wenig griffig und konkret an, muss aber trotzdem ständig beachtet werden, auch wenn das unser strukturelles Grundproblem nicht lösen wird.

Auch Nachbargemeinden in unserer Region und generell viele Kommunen planen aktuell defizitäre Haushalte. Das wird uns im Gemeinderat und in der Verwaltung hoffentlich weder wirklich beruhigen, noch davon abhalten für die Zukunft ausgeglichene Haushalte anzustreben und für dieses Ziel nach Lösungen zu suchen.

Ergänzend möchten wir darauf aufmerksam machen, dass die kontinuierliche Sanierung unserer Infrastruktur ein wesentlicher Teil der kommunalen Daseinsvorsorge ist und deshalb nicht vernachlässigt werden darf. Die in der mittelfristigen Finanzplanung reduzierten Volumen und Projekte im Sektor Straßensanierung mögen mit Machbarkeitserwägungen zu begründen sein, führen aber zu der Besorgnis, dass wir hier in einen Instandhaltungsrückstand geraten könnten.

 

Im Zusammenhang mit den Beratungen zum Haushalt haben wir außerdem folgende Hinweise bzw. Anträge:

1. Dieser Haushalt umfasst weiterhin nicht nur die kommunalen Pflichtaufgaben einschließlich der umfassenden Daseinsversorge für unsere Bürger, sondern ungeschmälert auch eine Vielzahl von sogenannten Freiwilligkeitsleistungen mit nicht unerheblichen Kosten in monetärer Form und in Form von Sachzuwendungen. Die Gemeinde fördert hier die Jugend und die Senioren sowie das vielfältige und hochwertige Vereinsleben im Ort. Das ist in Anbetracht der erläuterten Haushaltsdaten bemerkenswert. Es entspricht aber auch dem Verständnis des Ratsgremiums zu der Frage was unseren Heimatort lebens- und liebenswert macht und was uns dies wert sein sollte.

2. Unsere strukturellen Defizite sind nicht verursacht durch schlechtes Wirtschaften der Gemeinde und betreffen nahezu alle Kommunen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die extrem gestiegenen Kosten der Gemeinde für die Kinderbetreuung in Kindertagesstätten. Die Tatsache, dass die Kommunen auf diesen Mehrkosten, die von der seit August 2013 eingeführten Kindergartenplatzgarantie für die unter 3-jährigen Kinder wesentlich verursacht sind, vom Bund und vom Land sitzen gelassen werden, bleibt ein Ärgernis. Es ist weiterhin erforderlich, dass die „kommunale Familie“ hier den Druck auf die Politik massiv erhöht, um die künftigen Haushalte vernünftig in den Griff zu bekommen.

Nach einem Bericht in der BNN vom 23.02.2024 hat das Land den Weg für mehr Flexibilität beim Umgang mit den Personalvorgaben in Kindertagesstätten freigemacht. Die Verwaltung sollte, zusammen mit dem Kindergartenträger und der KVJS, entsprechende Möglichkeiten prüfen.

Das Thema Kostensteigerung im Bereich Bildung und Betreuung findet gerade seine Fortsetzung in der Verpflichtung der Kommunen zur Bereitstellung einer Ganztagesbetreuung für alle Grundschulkinder der Klassenstufen 1 bis 4, beginnend ab dem Jahr 2026. Wenn wir uns nicht der Illusion hingeben möchten, dazu personelle Ressourcen im Wesentlichen aus dem ehrenamtlichen Bereich einsetzen zu wollen, müsste klar sein, dass hier definitiv Mehrkosten für die Gemeinde und ggf. auch auf die Eltern zukommen werden.

3. Leider sehen sich inzwischen auch die Kommunen verstärkt konfrontiert mit immer mehr und überbordenden gesetzlichen Verpflichtungen oder vorsorglich übersteigerten Auslegungen durch die übergeordneten Behörden. Als Beispiel könnten hier erforderliche europäische Ausschreibungen oder auch ausufernde Baumkataster mit Kontrollintervallen genannt werden. In der Zukunft wird eine Herausforderung darin bestehen, den damit unvermeidlich verbundenen Kostensteigerungen dadurch entgegenzutreten, dass die maximal möglichen Handlungsspielräume verlässlich ausgelotet und genutzt werden.

4. Im Rahmen der Verabschiedung des Haushalts 2022 hatten wir bereits auf einen, aus unserer Sicht, bestehenden Beratungsbedarf hingewiesen.

Aktuell „verbrauchen“ wir die jährlichen Einnahmen aus Kiespacht zur Deckung der laufenden Ausgaben im Haushalt, wohl wissend, dass mit diesen Einnahmen ein Flächen- und Substanzverzehr einhergeht, der nicht umkehrbar sein wird.

Das haushaltsrechtliche Gebot der Generationengerechtigkeit macht es nach unserer Überzeugung erforderlich, dass wir diese Einnahmen, wenigstens zum Teil, dafür verwenden, Einnahmen in der Zukunft zu generieren. Wir müssen dafür sorgen, dass auch die nächste Generation Folgeeinnahmen erzielen kann. Als mögliche Maßnahme hatten wir vorgeschlagen, die Gemeinde möge aus den Kiespachteinnahmen einen gewissen Anteil im Rahmen eines „Zukunftsfonds“ in regenerative Energien investieren. Hierzu sollten wir im Jahr 2024 unbedingt weitere konkrete Schritte und Planungen anstreben. Bisher wurde dazu nur ein Pilotprojekt zur Errichtung einer PV-Anlage auf dem neuen Feuerwehrhaus beschlossen.

5. Wir sehen weiterhin Defizite bei dem Projekt der naturnahen Bewirtschaftung der öffentlichen Grünflächen, zum Beispiel mit Blumenwiesen. Das Naturschutzgesetz des Landes fordert mindestens 20% der gemähten öffentlichen Grünflächen als ökologisch hochwertige Blühflächen zu pflegen. Hier ist noch viel Potenzial zum Sparen und zum Gestalten gleichermaßen. Aktuell leisten wir uns hier einen jährlichen Aufwand von rund TEUR 507, dazu kommen dann noch einige zigtausend EUR für die Pflege des sogenannten „Straßenbegleitgrüns“!

6. Das Kennzahlensystem zum NKHR bleibt Dauerbaustelle.

Beim „Neuen kommunalen Haushaltsrecht“, welches in unserer Gemeinde bereits ab dem Jahr 2010 eingeführt wurde, sind wir leider noch nicht viel weitergekommen als bis zur Einführung des Rechenwerks an sich. Das ist aber nur ein Teilaspekt.

Damit die Einführung des NKHR nicht nur zu mehr Arbeit und doppelt so dicken Haushaltsplänen führt, sondern auch zu einem Erkenntnisgewinn, ist es dringend erforderlich, dass wir auch Fortschritte bei der Definition und Einrichtung eines geeigneten Kennzahlensystems machen. Nur so wird es uns gelingen strategische Kernziele sinnvoll zu definieren und uns bei Beschlüssen des Gemeinderats stärker an festgelegten Zielen zu orientieren. Die daraus mögliche Effizienzsteigerung wäre für alle Beteiligten und sicher auch für unsere Gemeinde positiv. Meine Ausführungen zur Analyse der Zahlen des Haushalts unterstreichen die Dringlichkeit dieses Projekts, insbesondere vor dem Hintergrund der künftig erwarteten immensen finanzwirtschaftlichen Herausforderungen. So gut wie die Gemeinde an vielen anderen Stellen, völlig zu Recht, Geld für externe Leistungen ausgibt, sollten wir das ggf. ernsthaft auch für diesen Zweck machen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf einen Experten für kommunales Finanzmanagement an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl verweisen, den die Gemeinde Rheinmünster laut BNN vom 19.01.2024 in Haushaltsfragen konsultierte.

Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang den Hinweis, dass vom Ratsgremium des Jahres 2009, das mit großem Engagement Fortbildungen zum Thema „Neues kommunales Haushaltsrecht und Kennzahlensystem“ über sich ergehen lassen durfte, im künftigen Gemeinderat, nach der Wahl im Juni, bestenfalls noch eine Person vertreten sein wird.

Ich darf nun abschließend signalisieren, dass die CDU-Fraktion der Haushaltssatzung 2024 und den Wirtschaftsplänen 2024 der Eigenbetriebe in der nun vorliegenden Form Zustimmung erteilen wird.

In verschiedenen Bereichen hat unser Haushalt seine Belastungsgrenze möglicherweise überschritten. Der Spagat zwischen einer verantwortungsvollen Erfüllung der kommunalen Pflichtaufgaben und der Erhaltung unserer Infrastruktur einerseits und andererseits der Förderung und Sicherung von allem, was unsere Gemeinde lebens- und liebenswert macht, wird immer schwieriger.

 

Die CDU-Fraktion dankt allen an der Planaufstellung und an den Beratungen Beteiligten der Gemeindeverwaltung, insbesondere unserem Bürgermeister und unserem Kämmerer Herrn Gula, für die ausgezeichnete Ausarbeitung des umfangreichen Zahlenwerks und die hilfreichen Erläuterungen sowie die ergänzenden Informationen.

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit